Die Hospiz-Idee

Sterben ist nicht nur die letzte Zeit des Lebens. Sterben ist auch die Möglichkeit, das Leben zu vollenden, ihm Sinn und Reife zu geben. Wir alle erhoffen für uns selbst, dass wir Menschen bei uns haben, die uns zu einem menschenwürdigen Sterben verhelfen. Hospizarbeit bedeutet für uns, mitzuhelfen, dass der Sterbende alle seine Bindungen lösen und von seinen Angehörigen Abschied nehmen kann.

„Hospiz“ kommt von dem lateinischen Wort ‚hospitium’ und bedeutet Gastfreundschaft und Herberge. Im Mittelalter, zur Zeit der großen Pilgerströme, gründeten Ordensgemeinschaften entlang der Pilgerwege Herbergen, in denen sie Verletzte und Kranke pflegten und Sterbenden Zuwendung und Trost gaben. Mit der Gründung des St. Christopher Hospice 1967 in London durch Cicely Saunders begann die heutige weltweite Hospizbewegung. Im Mittelpunkt steht die ganzheitliche Betreuung Sterbender und ihrer Angehörigen. Das geschieht zu Hause in der vertrauten Umgebung oder, wenn es zu Hause nicht (mehr) möglich ist, in einem stationären Hospiz, sowie in Krankenhäusern und Pflegeheimen.

Hospizbetreuung ist das optimale Zusammenwirken von Ärzten, Schwestern und Pflegern, Seelsorgern, Sozialpädagogen und weiteren therapeutischen Diensten zum Wohle des Sterbenden  und der ihm nahestehenden Menschen. Der Palliativmedizin und -pflege kommt hierbei besondere Bedeutung zu.

Palliativmedizin

Was ist Palliativmedizin?

Das Wort „palliativ“ leitet sich ab vom lateinischen pallium=der Mantel, bzw. von palliare=mit dem Mantel bedecken, lindern.

Palliativmedizin ist die aktive, ganzheitliche Behandlung von Patienten mit einer nicht heilbaren, progredienten und weit fortgeschrittenen Erkrankung mit begrenzter Lebenserwartung. Sie strebt die Besserung körperlicher Krankheitsbeschwerden ebenso wie psychischer, sozialer und spiritueller Probleme an. Das Hauptziel der palliativmedizinischen Betreuung ist die Verbesserung der Lebensqualität für die Patienten und ihre Angehörigen (auch über die Sterbephase hinaus). Im Deutschen wird Palliativmedizin auch als Übertragung des englischen Begriffes Palliative Care verwendet, sie beinhaltet gleichwertig pflegerische, ärztliche und psychosoziale Kompetenz.

AAPV = Allgemeine Ambulante PalliativVersorgung: Die allgemeine ambulante Palliativversorgung dient dem Ziel, die Lebensqualität und die Selbstbestimmung von Palliativpatienten so weit wie möglich zu erhalten, zu fördern und zu verbessern und ihnen ein menschenwürdiges Leben bis zum Tod in ihrer gewohnten Umgebung, in stationären Pflegeeinrichtungen bzw. stationären Hospizen zu ermöglichen. AAPV beinhaltet die Palliativversorgung, die von Leistungserbringern der Primärversorgung (in erster Linie den niedergelassenen Haus- und Fachärzten sowie den ambulanten Pflegediensten) mit palliativmedizinischer Basisqualifikation erbracht werden kann. Der Großteil der Palliativpatienten, die medizinische und pflegerische Versorgung benötigen, kann auf diese Weise ausreichend versorgt werden. Die Leistungserbringer in der AAPV sind in der Regel nur zu einem kleinen Teil ihrer Zeit mit der Versorgung von Palliativpatienten beschäftigt. Die Versorgung richtet sich an palliativmedizinischen Therapiezielen und -inhalten aus. Geschulte ehrenamtliche Hospizmitarbeiter werden je nach Bedarf aktiv eingebunden. Reichen die therapeutischen Möglichkeiten nicht aus, um den Bedürfnissen der Betroffenen gerecht zu werden, sind die Strukturen der spezialisierten Palliativversorgung einzubeziehen.

SAPV = Spezialisierte Ambulante PalliativVersorgung: Die spezialisierte ambulante Palliativversorgung dient – in Ergänzung zur allgemeinen ambulanten Palliativversorgung – dem Ziel, die Lebensqualität und die Selbstbestimmung von Palliativpatienten so weit wie möglich zu erhalten, zu fördern und zu verbessern und ihnen ein menschenwürdiges Leben bis zum Tod in ihrer gewohnten Umgebung, in stationären Pflegeeinrichtungen bzw. stationären Hospizen zu ermöglichen. Nur ein Teil aller Sterbenden benötigt diese besondere Versorgungsform.

Die spezialisierte ambulante Palliativversorgung richtet sich an Palliativpatienten und deren soziales Umfeld, wenn die Intensität oder Komplexität der aus dem Krankheitsverlauf resultierenden Probleme den Einsatz eines spezialisierten Palliativteams (Palliative Care Team) notwendig macht – vorübergehend oder dauerhaft. Sie erfolgt im Rahmen einer ausschließlich auf Palliativversorgung ausgerichteten Versorgungsstruktur.

Diese beinhaltet insbesondere spezialisierte palliativärztliche und palliativpflegerische Beratung und/oder (Teil-)Versorgung, einschließlich der Koordination von notwendigen Versorgungsleistungen bis hin zu einem umfassenden, individuellen Unterstützungsmanagement. Multiprofessionalität, 24-stündige Erreichbarkeit an sieben Tagen in der Woche und Spezialistenstatus (durch Weiterbildung und Erfahrung) der primär in der Palliativversorgung tätigen einzelnen Leistungserbringer sind unverzichtbar.

Das Team führt regelmäßige multiprofessionelle Teamsitzungen und Fallbesprechungen durch und arbeitet eng mit den Strukturen der Primärversorgung (z.B. niedergelassene Ärzte, Pflegedienste, Krankenhäuser, stationäre Pflegeeinrichtungen) sowie den Einrichtungen der Hospizbewegung zusammen. SAPV kann als alleinige Beratungsleistung, Koordinationsleistung, additiv unterstützende Teilversorgung oder vollständige Patientenversorgung verordnet werden. Leistungen nach SGB XI sind jedoch nicht Bestandteil der SAPV.
(Definition DGP und DHPV 15.01.2009)

Palliativnetz Niederrhein

 

Hospizarbeit

Hospizarbeit bedeutet das zugewandte und achtungsvolle Begleiten von Menschen in der Endphase ihres Lebens.
Das Sterben wird als ein Teil des Lebens betrachtet, als einen Vorgang, der weder verkürzt noch künstlich verlängert werden soll. Diese lebensbejahende Grundhaltung schließt eine aktive Sterbehilfe (Euthanasie) aus. Ziel ist es vielmehr, dass der Kranke möglichst ohne Beschwerden bis zuletzt lebenswert leben kann, umsorgt von Familie, Freunden und evtl. ehrenamtlichen Hospizmitarbeitern.

Zur Würde des Menschen gehört, dass er zu jeder Zeit als Person ernst genommen wird. Diese Haltung erfordert Wahrhaftigkeit im Umgang mit den Sterbenden, die als Gleichberechtigte und Vorangehende geachtet werden.

Hospizarbeit respektiert die religiöse Überzeugung der Patienten. Deshalb werden Hospiz-Mitarbeiter/innen ihre eigene religiöse Überzeugung nicht aufdrängen, sie aber auch nicht verleugnen, wenn sie danach gefragt werden.

Hospizarbeit schließt das soziale Umfeld des Kranken mit ein und bietet Hilfestellungen an, um den bevorstehenden Abschied zu bewältigen:

  • Ängste der Kranken, Sterbenden und Angehörigen vermindern
  • Positive Ich-Anteile bestätigen und Glaubensinhalte stärken
  • Praktische Handreichungen und Besorgungen erledigen
  • Verbindungen zu Ärzten, Pflegediensten, Freunden erhalten
  • Mit Palliative Care und dem regionalen sozialen Netzwerk kooperieren
  • Das Thema Sterben in Würde in der Öffentlichkeit wach halten

Sterbende Menschen fühlen sich in ihrer gewohnten Umgebung, in ihrem häuslichen Umfeld geborgen und sicher. Hier sind sie in der Regel umgeben von vertrauten Menschen, die da sind, um den kranken Menschen zu pflegen, zu versorgen und ihn mit menschlicher Nähe zu begleiten. Oftmals übernimmt der Partner oder die Partnerin die Fürsorge und Pflege des sterbenden Menschen rund um die Uhr. Diese Aufgabe kostet viel körperliche und emotionale Kraft.

Unsere ehrenamtlichen Mitarbeitenden schätzen und würdigen die private Atmosphäre der Familien. Sie versuchen durch ihr achtsames und ehrliches Dasein eine gute Vertrauensbasis zu schaffen, um den bevorstehenden Abschied menschlich mit zu begleiten. Sie sind allerdings nicht ausgebildet in der Pflege sterbender Menschen. Diese Tätigkeit überlassen sie einem qualifizierten Pflegedienst.

Sterbende Menschen fühlen sich nicht selten einsam. Manchmal haben sie, vielleicht aus dem Gefühl heraus, den Lebenspartner mit den eigenen Ängsten nicht noch mehr belasten zu wollen, das Bedürfnis, ihre Sorgen lieber Außenstehenden mitzuteilen. Andere betroffene Menschen leben alleine und haben nur wenig Kontakt zu ihrer Umwelt. Es tut ihnen gut, mit jemandem zu sprechen, dem der bisherige Lebensweg neu ist und mit dem sie ihre Vergangenheit noch einmal Revue passieren lassen können. Um einen bewussten Abschied zu gestalten ist diese Erinnerungsarbeit hilfreich und wertvoll.

Sterbebegleitung bedeutet für unsere ehrenamtlichen Mitarbeitenden, den Menschen in seiner Persönlichkeit wahrzunehmen und ihn in seinem eigenen Lebensrhythmus und seinen eigenen ernst zu nehmenden Lebenssichtweisen achtsam zu begleiten.